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GASTBEITRAG: Offener Brief an alle Arbeitgeber von Alleinerziehenden

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Eltern in ganz Deutschland gehen gerade auf die Barrikaden. Die Umstände der Corona-Pandemie, damit verbundene Schul- und Kita-Schließungen und die Herausforderung, nebenher trotzdem arbeiten zu müssen, führen Eltern an ihre Belastungsgrenzen. Eltern – das sind mehrheitlich zwei Personen, die sich in einem Haushalt lebend, die Betreuung und Erziehung der Kinder teilen. „Geteiltes Leid…“ ihr wisst schon, ist „Halbes Leid“. Das gilt für Alleinerziehende nicht! Sie müssen das gerade alles alleine durchstehen, sofern sie nicht mit dem Parter/der Partnerin eine Lebensgeschmeinschaft für die Zeit der Ausgangsbeschränkungen geschmiedet haben. Dies dürfte eher eine Ausnahme sein und so ist es umso wichtiger, dass wir uns diesen Eltern mit ganz besonderem Augenmerk widmen. Unsere Gastautorin Afra, selber alleinerziehend, hat einen offenen Brief an alle Arbeitgeber von Alleinerziehenden geschrieben:

Gastautorin Afra schreibt einen Offenen Brief an alle Arbeitgeber mit alleinerziehenden Angestellen

Danke an alle Alleinerziehenden im Homeoffice!!!
Die Kontaktsperre ist für unsere komplette Gesellschaft eine völlig neue Situation und konfrontiert insbesondere berufstätige Eltern mit einer außerordentlichen Zusatzbelastung. Der Wegfall von Schul- und Kitabetreuung hat sehr starke Auswirkungen auf das Familienleben. Neben der erzieherischen Arbeit fällt der soziale Austausch mit anderen Kindern weg, aber auch das tägliche Mittagessen in der Kita bzw. Schule entfällt. Nun sitzen die Eltern mit ihren Kindern zu Hause und müssen parallel ihren beruflichen Verpflichtungen nachkommen. Das Zitat „You’re not working from home. You’re at home during a crisis, trying to work“ trifft es sehr gut. Eine gewisse Zeit kann das gut funktionieren, aber auf Dauer stellt es eine Gefahr für das psychische und körperliche Wohlbefinden der Familie dar und kann zu gravierenden Umständen führen.

Es fühlt sich so an, als ob man in einem Schlauchboot sitzt und dieses Boot immer wieder Löcher bekommt, die geflickt werden müssen. Man muss ständig abwägen welches Loch das kleinere Übel ist und welches unbedingt sofort geflickt werden muss, damit das Boot nicht untergeht. Ist es gerade wichtiger, dass das Kind etwas zu essen bekommt oder hat der Call Priorität?

In dieser Zerreißprobe befinden sich die Familien nun bereits seit über einem Monat. Die wenigsten Arbeitgeber kommen ihren Arbeitnehmern entgegen. Was die Situation tatsächlich für Eltern bedeutet, besonders für Alleinerziehende ist vor allem für kinderlose Geschäftsführer schwer nachvollziehbar. Es ist ja nicht nur, dass die Schul- oder Kitabetreuung wegfällt, sondern durch die Kontaktsperre entfällt auch jegliche andere Unterstützung, auf die man bisher im Alltag zurückgreifen konnte. Sei es die Tante, die auf das Kind aufpasst während man zum Sport geht oder die Freundin, die abends auf einen Tee vorbeikommt. Die Bedürfnisse der Eltern sind gerade auf unbestimmte Zeit beurlaubt.

Es bleibt eine funktionsgetriebene Maschine im Überlebensmodus.

Die Liste der alltäglichen Todos ist unendlich und der Tagesablauf sehr stramm: Frühstück vorbereiten, essen, saubermachen, Schulaufgaben erklären, zeitgleich anfangen zu arbeiten, parallel Homeschooling und Arbeit, ständiges hin und her zwischen beiden Welten, nach 2 Stunden arbeiten Mittagessen kochen, essen, wieder saubermachen, weiter arbeiten, dann wird dem Kind langweilig, es will raus, spazieren gehen, einkaufen, wieder nach Hause, nochmal kurz eine Stunde arbeiten, Abendessen vorbereiten, essen, sauber machen, kurz nochmal Mails checken, das Kind Bettfertig machen, vorlesen, beim ins Bett bringen selber müde werden, aber nicht schlafen dürfen, weil man noch arbeiten muss. So wird der durchschnittliche Arbeitsalltag von alleinerziehenden Eltern gerade aussehen.

Es gibt keinerlei Unterstützung. Sei es jemand der mal 2 Stunden mit dem Kind spielen kann, das Kochen übernimmt oder während man arbeitet die Küche aufräumt. Alles hängt von einem ab. Schafft man eine Sache nicht, bleibt sie liegen bis man die Kapazität hat es doch zu erledigen. Das ist allein mental eine riesige Herausforderung und man sehnt sich förmlich danach endlich mal wieder mehrere Stunden am Stück konzentriert arbeiten zu können oder auch mit dem Kind Zeit zu verbringen, ohne im Hinterkopf zu haben, dass man eigentlich noch dieses oder jenes erledigen müsste. Der Tag hat keine Pause mehr.

Es werden Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben überschritten

Das sich gerade viele Eltern in dieser Ausnahmesituation befinden, zeigt sich immer wieder im Arbeitsalltag. Die Sachbearbeiterin bei der Arbeitsagentur unterbricht das Telefonat, um ihrem Kind die Matheaufgaben zu erklären und beim Videocall mit Mandanten springen im Hintergrund die Kinder herum. Auf der einen Seite ist es schön zu sehen, dass alle Beteiligten ein gewisses Verständnis für einander haben, auf der anderen Seite werden aber auch Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben überschritten, die man eigentlich gern aufrecht halten würde.

Es ist sehr wünschenswert das gesehen wird, was insbesondere alleinerziehende Elternteile gerade leisten. Daher ist meine Bitte an alle Arbeitgeber nehmen Sie die Arbeitsleistung von Eltern derzeit nicht für selbstverständlich, sondern schätzen Sie diese außerordentliche Leistung. Wir müssen in dieser Zeit zusammenhalten. Und wie es ja so schön heißt, erfordern außergewöhnliche Situationen außergewöhnliche Maßnahmen.

Aus diesem Grunde möchte ich Arbeitgeber dazu motivieren Ihre Arbeitnehmer wertzuschätzen und sie in ihrem Arbeitsalltag im Homeoffice mit Kindern zu unterstützen. Es ist eine unvorstellbare Herausforderung jeden Tag aufs Neue die Kinderbetreuung und die Arbeit zu vereinen. Es ist eine 24/7 Dauerbelastung ohne Pause. Wie kräftezehrend das tatsächlich ist, kann man nur nachvollziehen, wenn man es erlebt hat.

Eltern im Homeoffice mit Corona-Care-Paketen danken

Auch wenn Ihre Mitarbeiter sich nicht beklagen, seien sie dankbar. Seien Sie dankbar, dass sie nicht aufgeben, sondern wie kleine Stehaufmännchen immer weitermachen. Daher wünsche ich jedem einzelnen alleinerziehenden berufstätigen Elternteil die verdiente Anerkennung. Idealerweise wäre natürlich, eine finanzielle Unterstützung für diese besondere Belastung, aber verständlicherweise können das viele Unternehmen gerade nicht stemmen. Hier ist es die Aufgabe der Politik eine Lösung für die alleinerziehenden Berufstätigen zu finden, beispielsweise über eine Verbesserung der lachhaften Steuervorteile für Alleinerziehende.

Jedoch können Arbeitgeber andere Wege finden, um ihren Angestellten mit Kind zu zeigen, dass sie diese außerordentliche Belastung sehen und die Arbeitskraft zu schätzen wissen. Hier zählen auch schon kleine Gesten. Sei es ein Gutschein für eine Mittagsessenslieferung für Mutter und Kind oder ein Gutschein für eine Online-Plattform, die Kinder für Homeschooling nutzen können. Es sind diese Kleinigkeiten, die den Alltag erleichtern können und allein das Gefühl, dass man gesehen wird, kann die Mitarbeiter schon unterstützen.

Daher meine Bitte an alle Arbeitgeber, wenn es Ihnen irgendwie möglich ist, schicken Sie den Eltern im Homeoffice ein Corona-Care-Paket, mit einer Aufmerksamkeit für die Kinder und einem Dankeschön an die Eltern. Eine spürbare Entlastung wäre es auch, wenn Sie den Eltern Zeit schenken. Hier zählt jede Stunde. Schenken Sie doch alleinerziehenden Elternteilen beispielsweise zwei Arbeitsstunden in der Woche, damit sie sich um ihre Kinder kümmern können. Wir dürfen auch nicht vergessen, was wir den Kindern unserer Gesellschaft gerade abverlangen. Sie müssen aktuell auf sehr viel verzichten, ohne dass sie das Verständnis für diese Umstände haben. Ich bin mir sicher, dass wir uns mit jeder kleinen Geste und dem Ausdruck von Dankbarkeit diese schwierige Zeit gegenseitig verschönern können und am Ende gestärkt aus der Krise gehen können.

Afra Stöhr

Unsere Gastautorin Afra ist Steuerrechtsexpertin bei einer Berliner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Bevor sie Wirtschaftsjuristin wurde, hat sie Schneiderin gelernt und ein kleines Kinderlabel namens Rambazamba betrieben. Ihre Tochter kam während des Studiums auf die Welt. Aktuell beschäftigt Afra sich mit Themen wie Kryptowährungen und Blockchain.

Afras Tochter ist 6 und besucht seit dem letzten Jahr die Schule. Vom Vater ihrer Tochter lebt sie getrennt, erhält aber regelmäßige Unterstützung bei der Kinderbetreuung. 

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Bild-Quellen:
Aufmacher-Foto von Anna Shvets von Pexels
Das Bild von Afra stammt von Goldstein Consulting.

Der Beitrag GASTBEITRAG: Offener Brief an alle Arbeitgeber von Alleinerziehenden erschien zuerst auf Mummy Mag.


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